Eine europäische Biografie

Schlagwort: Beat

1968: Zodiak, Musikgeschichte und eine Pleite

Das ehemalige Schaubühnen-Gebäude am Halleschen Ufer 2017. Foto: Ulrich Horb

Ich verdiene seit langem wieder mal richtig regelmäßig Geld. Und bald will ich Millionär werden. Dazu will ich einen riesigen Musik-Schuppen aufmachen, wie es sie in New York gibt, Live-Musik, langhaarige Typen.

Mit einem älteren Kneipen-Besitzer aus Kreuzberg, Leopold Unger, genannt Poldi, der die Künstlerkneipe „Malkasten“ betreibt, mache ich das Zodiak auf. Wir pumpen uns dazu Geld bei der Bank. Ich habe damals eine mystische Phase, lese die Kabbala und alles über den Hexenkult, auch über Astrologie und da bin ich auf Zodiak gestoßen, die Tierkreiszeichen. Passt gut zu Belladonna oder Mescalin und natürlich zu diesem herrlichen mexikanischen Gras. Aber vielleicht sind es auch die Musiker, die zur Namensgebung beitragen, die mit ihren elektronischen Geräten für kosmische Klänge sorgen und im „Zodiak Free Arts Lab“ zusammenkommen, Musiker wie  Conrad Schnitzler, oder Hans-Joachim Roedelius. Weiterlesen

1966: Bei Zint in Hamburg

Paul Glaser: Wissen ist Macht. Foto: privat

Paul Glaser 1966: Wissen ist Macht. Foto: privat

 Auf nach Hamburg

Ich hänge in Berlin rum, habe gerade den Bank-Job beendet, hab eine neue Freundin, aber kein Geld für die Miete. Mein Studium ist kaputt, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.

Günter Zint kannte ich aus München. Nun versucht er in das Pop-Geschäft einzusteigen. Zint bietet mir an, nach Hamburg zu kommen. Er hat sich eine Bilder-Produktion aufgebaut. Er fotografiert Schauspieler und Musiker, arbeitet für Illustrierte und Ju­gend-Zeitschriften. Ich soll sein Archiv in irgendeine Ordnung bringen. Ich komme nach Hamburg per Anhalter, mitten hinein in die Alkoholwelt. Weiterlesen

1966: Der Zint

"Der Zint". 1966

„Der Zint“. 1966

Günter Zint, genannt „der Zint“, wurde in Fulda geboren, wo die Bischöfe nicht nur Kanonen segnen, sondern auch das Böse suchen in jedem Bett.

Der Zint war immer Pressefotograf. Ich habe ihn in München kennengelernt, wo er für Illustrierte arbeitete. Er hatte immer ein Auto, was ihn damals ziemlich wertvoll machte. Ich durfte sogar in einem Fiat-Toppolino schlafen, als ich, wieder einmal, kein Zimmer hatte. Weiterlesen

1966: England, Beat

Paul Glaser, Marquee-Club, 1966, Foto: Günter Zint

Paul Glaser, Marquee-Club, 1966, Foto: Günter Zint

Zint arbeitet für eine Jugendzeitung, die der Bravo Konkurrenz machen will und er be­quatscht die Leute von der Spesen-Kasse. Wir dürfen nach England fahren, um diese neue Be­wegung umzusetzen in Fotos, die umgesetzt werden können in Knete.

London ist eine Arbeiterstadt mit fish’n’chips-Buden und dunklen Straßen von Edgar Wallace. Es stinkt nach Pisse.

Wir gehen in die Musikschuppen, den Marquee-Club zum Beispiel, ein dreckiges dunkles Lokal, ganz vorn in der Szene. Überall Beat mit fast nackten Mädchen. Das ist die neue Explosions-Mischung für die Nach-Panzer-Gesellschaft: Beat und Sex. Weiterlesen

1966: Die Beat-Welt

Paul Glaser mit Gitarren. Foto: Günter Zint

Zint ist, wie immer, ein Irrwisch. Er hat mehr Ideen pro Tag als er in einem Jahr umsetzen kann. Er will eben unbedingt berühmt werden. Gestern hat es nicht geklappt, aber er gibt dem Ruhm noch drei Wochen Zeit, sonst, wer weiß, was er sonst macht, aber es wird schrecklich sein.

Aber Zint hat auch Gespür.

Da gibt es diese neue Musik von jungen Leuten mit den langen Haaren, „Negermusik“, sa­gen die deutschen Wert-Konservativen. Das sind die jungen Leute, die gerade solange Musik stu­dieren, bis sie die Gitarre richtig rum halten können und dann schrammeln sie los mit drei Akkorden, aber volle Lautstärke. Weiterlesen

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