Karla ist die weiblichste Frau, die ich kenne. Lang, schlaksig, wenig Brust, aber mit einem Lachen, so wild weiblich, dass mir flau wird im Magen.

Ich hätte gerne mit ihr geschlafen. Sie hätte wohl auch nichts dagegen gehabt, aber ich habe mich nicht getraut, sie zu fragen, ich wollte mich nicht blamieren
bei ihr. 
Und sie hat mich auch nicht verführt, so war sie nicht! Der Mann musste schon wollen bei ihr. So blieb ich ihr Freund. Sie erzählt mir ihre Geschichten mit den Männern.

„Heute“, sagt sie mir eines Abends, so gegen 10 in einer Kneipe, „heute habe ich mit drei Männern geschlafen, einfach so, an einem Tag.“ Es waren keine, die sie kannte. Sie hat sie einfach irgendwo aufgegabelt, einen im Fahrstuhl. Nur von einem hat sie sich den Vornamen gemerkt, irgendwas mit Heiner oder so. Karla ist sehr stolz auf sich.

“So eine attraktive Frau bin ich“, sagt sie. Und sie lacht ihr Lachen, spitzbübisch und so völlig hemmungslos, dass sogar der Fixer in der Ecke kurz aus seinem Traum erwacht. Ich verliebe mich gleich wieder in sie und ein Kribbeln läuft mir den Rücken runter.

Wir lassen uns richtig voll laufen an jenem Abend und landen dann am Schluss, wie häufig, in der „Dicken Wirtin“, wo die Jungs so kaputt sind wie die Stühle. Karlas Wohnung liegt gleich um die Ecke, leicht zu finden auch mit noch mehr Apfelkorn. Prost, Mädchen!

Karla ist verlobt. Sie hat einen Italiener kennengelernt in Berlin, einen mit Krawatte und Geld und Auto. Und wenn er in das italienische Restaurant kommt, machen die Kellner einen Diener vor Signore Vittorio. Er will sie sofort heiraten. 
Er kommt aus einer nord-italienischen Familie, viel Tradition, viel Ehre, viele Geschäfte, über die er nicht spricht. Also genau das Falsche für Karla, aber er will sie unbedingt. Er muss dann plötzlich nach Italien zurück und sie soll schwören, bald nach zu kommen, um zu heiraten. Vittorio ist ein so netter Junge. Sie schwört sofort.

Aber irgendwas kommt immer dazwischen. Entweder hat sie gerade kein Geld oder es gibt da gerade einen Typen, den sie unbedingt ausprobieren will. Nur manchmal, wenn sie den Blues hat, meist morgens um vier am Tresen, will sie heiraten fahren. Und als ihr dann die Wohnung in der Goethestraße gekündigt wird, ist sie doch gefahren. Die Ehe hat
fast ein Jahr gehalten.