Willi und Trixi. Foto: privat

Willi und Trixi. Foto: privat

Willi ist ein neuer schwarzer Kater mit einem weißen Fleck an der Nase, Trixi ist graugetigert, etwas kleiner, mit großen Augen. Sie sind gleich alt, aber grundverschieden im Charakter.
Willi ist ein höflicher Kater. Wenn Gäste kommen begrüßt er jeden einzeln, egal ob er schlecht riecht oder nicht. Trixi ignoriert Gäste, auch wenn sie Leckereien mitgebracht haben.

das Wohnzimmer. Foto: privat

Das Wohnzimmer. Foto: privat

Unsere Wohnung ist sehr groß. Allein das mittlere Zimmer, das Berliner Zimmer, ist mehr als 20 Meter lang. Ein Teil des Berliner Zimmers ist Büro. Schreibtische, Marmor-Säulen, Regale für 200 Büro-Ordner mit Filmen, Schränke, über 2 Meter hoch, eine Kletter-Landschaft für Katzen. Wir haben ihnen Stufen gebaut, damit sie auf die Regale springen können. Sie haben da einen Wanderweg, hoch oben, über die Schränke, mit kleinen Sprüngen von einem zum anderen, balancieren über eine dünne Leiste. Sie können sich unsere Welt von oben ansehen, es sind also auch Büro-Katzen, die sich an den Arbeitstag anpassen.

Willi und Trixi. Foto: privat

Willi und Trixi. Foto: privat

Und so kommt es vor, bei unseren langen Arbeitszeiten, dass es spät wird, zu spät eigentlich für ein Familienleben. Dann trägt der Katzenbetriebsrat, das ist Willi, eine offizielle Beschwerde vor bei der Geschäftsleitung.
Diese ewigen Verstöße gegen die Arbeitszeitregelung, sagt er, miau! Du solltest die Katzenrechte besser respektieren! Es ist schon fast 20 Uhr, wie die eingebaute Katzen-Uhr anzeigt, und immer noch wird gearbeitet. Willi erzählt mir eine längere Rede in seinen wütenden kurzen Miau-Sätzen: Das ist doch keine Art, sagt er, jeden Abend dasselbe. Arbeiten bis in die Nacht, ein wenig Katzen-Disziplin täte dir gut.

Es ist gleich Zeit für die Tagesschau. Und wenn das nicht hilft springt er auf den Schreibtisch und setzt sich vor den Computer, nur mal so als Warnung!

Na gut, sage ich, machen wir Feierabend. Und wir gehen zusammen zur Couch und wir sehen die Tagesschau zusammen. Siehste, sagt Willi, geht doch, dann schnurrt er wieder.
Nun ist endlich Feierabend und der ist richtig gelungen, wenn wir uns mit ihm unterhalten. Er antwortet auf jeden Satz. Er redet viel, er ist ein Rede-Kater.
Und Willi passt auf, damit in dieser Katzenwelt auch alles funktioniert.
Eines Tages kommt Willi in die Küche, wo Ursel ist, und maunzt, erzählt aufgeregt von seltsamen Vorgängen. Der sonst so ruhige Kater meckert und Ursel fragte: was hast du, was ist los? Willi läuft zum Schlafzimmer, kommt zurück, läuft wieder zum Schlafzimmer. Das heißt: Komm! Ich will dir was zeigen.

Ursel kommt und Willi setzt sich vor den Kleiderschrank, maunzt: das heißt: Mach was! Und Ursel öffnete die Tür und dahinter ist Trixi, eingesperrt im Schrank, aus Versehen natürlich. Sie kommt heraus, den Schwanz hoch erhoben und geht würdevoll an Willi vorbei, ohne ein Zeichen der Dankbarkeit. Das ist schließlich dein Job als Kavalier, sagt sie.

Willi ist musikalisch

Wenn man ihm ein Blatt Papier hinhält schlägt er mit der Tatze darauf wie auf ein Schlagzeug. Einen bestimmten Rhythmus können wir nicht erkennen, aber er macht das ausdauernd, er macht Musik.
Wenn Paul Beethoven hört kommt Willi aus irgendeiner entfernten Ecke der Wohnung und setzte sich vor die Lautsprecherbox, ganz still, rührte sich nicht. Seht mal! Willi hört Beethoven. Aber wir haben nicht herausgefunden, welche Sinfonie er am liebsten mag.

Willi redet immer viel. Er hat mindestens 12 Arten Miau zu sagen: lieb und sanft, laut und schrill wie ein kaputter Auspuff und ganz kurze Miaus im Stakkato, wenn er mit uns meckert. Er geht dann wütend weg und meckert im Laufen wie ein alter Mann, der im Park auf die Welt schimpft.
Und wehe wir lachen über ihn! Dann spricht er einen oder zwei Tage nicht mit uns, frisst auch nicht, damit wir uns Sorgen machen und erst, wenn ich lange mit ihm spreche, mich entschuldige, lässt er sich besänftigen. Das ist nicht so gemeint, sage ich ihm. Ich habe diesen Fototermin verschlafen und mich sehr geärgert, das musst du doch verstehen.
Na gut, sagt er und stellt den Schwanz hoch, die Spitze rechtswinklig nach vorn. Für diesmal will ich dir noch mal verzeihen.

Trixi

Trixi bei der Arbeit. Foto: privat

Trixi bei der Arbeit. Foto: privat

Trixi ist auch ein wenig getigert, grau-weiß. Willie übernimmt sofort die Erzieherrolle. Er zeigt Trixi, wo die Toilette ist und dass sie anständig kratzen muss. Er ist sehr ungehalten, wenn sie einfach auf den Tisch springt. Sie muss erstmal fragen, sagt er, bei großen Katzen, ob sie das darf.
Wir haben eine sehr große Wohnung, überall stehen Regale mit Foto-Ordnern, Schränke, Schreibtische. Wie es Katzen-Art ist, muss die ganze Wohnung jeden Morgen neu gescannt werden. Was hat sich geändert? Sind die Fluchtwege offen? Wenn es draußen Krieg gibt, wie kommen wir schnell auf den Schrank. Katzen befolgen genau die Regeln der Sicherheitspolitik.

Paul bei der Arbeit. Foto: privat

Paul bei der Arbeit. Foto: privat

Trixi hat viel zu lernen, auch wie man auf den Hängeboden kommt, der über der Toilette ist. Da ist der sicherste Fluchtort, wenn es an der Tür klopft. Der Hängeboden ist mehr als 3 Meter hoch, nicht mit einem Katzensprung zu erreichen.
Willi zeigt ihr, wie eine Katze 3 Meter hoch kommt. Also, du springst möglichst hoch an den Bademantel, der an der Tür hängt, mit allen Krallen. Dann hangelst du dich hoch am Bademantel, kletterst oben auf die offenstehende Tür und von dort springst du auf den Hängeboden. Das ist nur noch ein Meter.

Paul hilft Trixi. Foto: privat

Paul hilft Trixi. Foto: privat

Paul zeigte ihr auch eine andere Methode. Er krümmt den Rücken und Trixi springt auf, klettert auf die Schulter und wenn Paul sich aufrichtet, springt man einfach auf die Oberkante der Tür und dann weißt du ja, wie es weiter geht. Runter genauso.

Man kann aber auch den Katzen-Service rufen mit anhaltendem Miauen. Dann kommt Paul mit einem Korb, hält in hoch zum Hängeboden, die Katze steigt ein und der Fahrstuhl geht nach unten.
Tja, eine junge Katze hat viel zu lernen.

Während Willi gern Musik hört, schaut Trixi gern Fernsehen. Viel action mag sie, vor allem Autorennen.
Die Autos rasen heran von links, quer über den Bildschirm, schnell wie eine Maus auf der Flucht und verschwinden am anderen Rand. Wo sind sie hin?
Trixi läuft hinter den Fernseher. Da sind sie nicht.
Vielleicht war Trixi zu langsam. Beim nächsten Auto startet sie schon sehr früh, um den Rennwagen zu erwischen, wenn er über den Rand fährt.
Wieder kein Auto. Zum Teufel, was sind das für Dinger? Es muss sich um eines dieser Wunder handeln, von denen der Katzen-Papst neulich gesprochen hat.
Auch die Büroarbeit ist interessant. Schau mal, wie die Finger auf der Tastatur sich schnell bewegen. Trixi liegt oben auf dem Computer-Schirm und schaut runter auf die Fingerspiele und die Figuren auf dem Schirm, alles bewegt sich.
Willi interessiert sich nicht für Rechnungen. Er schaut lieber Ursel an. Vielleicht streichelt sie ihn.

Trixi ist eine Zicke.

Sie ist kein bisschen dankbar, dass Willi ihr das Futter überlässt. Sie faucht ihn an und haut ihm eine Ohrfeige. Ich habe nicht herausgefunden, nach welchen Regeln sie das macht, aber er nimmt ihr das nicht übel. Er ist ihr Beschützer und diese Frauen haben eben ihre Macken.

Willi redet

Willi. Foto: privat

Willi. Foto: privat

Willi ist eine Katze, die viel redet.
Paul sagt: Hör auf zu meckern! Miau, sagt Willi und noch drei Sätze hinterher mit so vielen Nebensätzen wie Thomas Mann. Geh in die Küche. Da ist dein Futter. Willi widerspricht.
Immer diese Computer, sagt Willi, diese Telefoniererei, Rumsitzen im dunklen Labor. Das mag er gar nicht.
Was ist das denn für ein Familienleben? Kein Streicheln, den Gummiball hast du für auch lange nicht mehr geworfen!
Wir müssen arbeiten, sagt Paul, aber Willi meckert. Und natürlich geben wir nach, wenn die Katze recht hat, hat sie recht. Wir sitzen dann am Tisch zusammen, streicheln Willi, geben ihm Leckereien. Familienfrieden.
So hat sich das der große Naturgeist das gedacht: die Katzen-Menschen-Wohngemeinschaft.

Trixi in Not

Das Büro. Foto: privat

Das Büro. Foto: privat

Manchmal ist Trixi schusselig. Sie wandert über die Regale, der tägliche Trimmpfad. Dort wo zwei Regale rechtwinklig zusammen stoßen ist ein schmaler Schacht, aber 2 Meter tief. Und dort ist sie hineingefallen und kommt nicht wieder heraus. Sie sendet: SOS, SOS, hört mich jemand?
Nach einigem Suchen finden wir sie. Trixi steckt fest, 2 Meter tief. Wie holt man sie da raus? Das ist die große Katzenfrage.
Paul klettert auf den Schreibtisch und lässt einen langen Schal hinunter in den Schacht. Trixi versteht sofort. Sie krallt sich fest im Schal und Paul zieht sie langsam heraus, wie das die Bergretter tun, wenn jemand in eine Eisspalte gefallen ist.
Als sie oben ist setzt sie ihre Wanderung fort über die Schränke, als wär nichts gewesen. Kein Blick für ihren Retter. Keine Entschuldigung.

Willi ist tot

Als Willi gestorben ist  fahren wir nach Brandenburg, die Stille der Natur genießen.  Und wir denken an Willi.  Für uns gilt ein Satz von Johannes Rau über seinen Hund: als Hund war er eine Katastrophe, aber als Mensch war er unersetzlich. So war es auch bei Willi. Wahrscheinlich wäre er vor jeder Maus davon gelaufen, aber die Familie hat er zusammengehalten.