Politische Fotografie
November 1990: Rechter Aufmarsch in Halbe
Wir haben eine rechte Kulturrevolution in Deutschland, das ist wohl wahr, ja man könnte auch sagen: wir haben neo-nazistische Strukturen.
Und das ist nicht nur so wegen der Ausländer, wie man hört, oder wegen Corona, oder wegen anderer politischen Dinge. Diese Rechte ist auch nicht zurückgekommen nach der Wiedervereinigung, sie war nie weg. Dafür ein Beispiel aus dem Jahre 1990, als die DDR in den letzten Zügen lag.
Da wurde, wie immer in Deutschland am Toten-Gedenktag, an das Kriegsleid erinnert und zum ersten Mal fand auch eine Feier statt in Halbe, einem Dorf östlich von Berlin, wo in den Kieferwäldern 1945 der letzte Kampf der deutschen Truppen gegen die Rote Armee war. Bei diese Schlacht allein starben etwa 30.000 Soldaten und viele davon liegen auf einem Friedhof bei Halbe. Es ist deswegen auch die richtige Stelle für ein Toten-Gedenken.
Nun gab es 1990 aber Leute, die fanden, dass es nicht nur Tote sind, sondern tote Helden. Und so marschierten rechte Gruppen aus verschiedenen Gegenden Deutschlands dort auf in Reihe, im Gleichschritt mit Fackeln und dem Trommler-Korps der Wiking-Jugend.
Die jungen Helden-Gedenker stellten sich auf vor einem Denkmal zu einem Fahnenappell und senkten zur Ehre der Gefallenen ihre Fahnen, die sie bei sich hatten.
Es sprach ein ehemaliger SS-Führer aus Forst, also aus der DDR. Alles war voller Ehrfurcht, die Fackeln räucherten und die deutsche Jugend ging wieder im Gleichschritt. Das waren Gruppen, die nun Morgenluft witterten für die alten Rituale, nun, wo die Sowjets doch noch abziehen mussten.
Wegen solcher Aufmärsche wurde 1990 kein großes Gedöns gemacht, die Leute hatten andere Sorgen, die Wiedervereinigung war im Gang.